Sommer und Wasser gehören für mich untrennbar zusammen. Viele meiner schönsten Kindheits- und Jugenderinnerungen drehen sich um‘s Wasser. Da war die Geniusbank, der Strand direkt bei meiner Oma um die Ecke, wo jetzt der JadeWeserPort steht. Wie viele Sommer meiner Kindheit ich dort verbracht habe! Während meine Eltern gemütlich auf ihren Handtüchern lagen und lasen, war ich nicht vom Wasser fernzuhalten und wenn, dann nur um Sandburgen zu bauen und so lange zu graben bis ich wieder auf Wasser stieß.
Als ich älter war, schwang ich mich dann mit meinen Freunden auf’s Rad und fuhr zum See. Wir schwammen, unterhielten uns stundenlang, spielten etwas Karten und kühlten uns dann wieder im Wasser ab. Erst das Abendessen rief uns nach Hause – damit es keinen Ärger gab natürlich – aber am nächsten Tag radelten wir selbstverständlich wieder zum See.
Ich wette Sie haben auch Ihre schönen Erinnerungen an Sonne und Strand, den See mit Freundinnen oder vielleicht sogar hier in diesem Freibad. Doch an das vermutlich wichtigste was mir mit Wasser je passiert ist, kann ich mich nicht erinnern. Ich war noch kein Jahr alt, als ich wenige Kilometer von der Nordsee entfernt in einer alten Backsteinkirche dreimal mit Wasser übergossen wurde: im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Unsere Taufe ist ein Ereignis, an das sich wenige unter uns wohl erinnern. Umso wichtiger ein Sonntag wie heute, an dem wir die Taufe zum Thema haben und uns an sie erinnern. Die Taufe: Der Moment, in dem aus stinknormalem Wasser eine Zusage wurde, ein Versprechen, das ein Leben lang gilt und darüber hinaus. Von einem solchen Versprechen erzählt auch der Prophet Jesaja:
Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, und wenn du durch Ströme gehst, sollen sie dich nicht ersäufen. Wenn du ins Feuer gehst, wirst du nicht brennen, und die Flamme wird dich nicht versengen.
So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir. Ich will vom Osten deine Kinder bringen und dich vom Westen her sammeln,
ich will sagen zum Norden: Gib her!, und zum Süden: Halte nicht zurück! Bring her meine Söhne von ferne und meine Töchter vom Ende der Erde,
So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir. Ich will vom Osten deine Kinder bringen und dich vom Westen her sammeln,
ich will sagen zum Norden: Gib her!, und zum Süden: Halte nicht zurück! Bring her meine Söhne von ferne und meine Töchter vom Ende der Erde,
alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich zu meiner Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht habe.
Diese Zusage ergeht an Israel, wir aber dürfen uns in unserer Taufe mitgemeint wissen. Und was das für ein Versprechen ist! Wenn du durch’s Feuer gehst, bin ich da! Wenn das Wasser nicht mehr Sommerabkühlung, sondern lebensbedrohlicher, reißender Strom ist, dann bin ich da! Gott sagt nicht: „Da wird kein Feuer sein. Dir wird nie Schlimmes passieren.“ Sondern: „Gerade in deinen dunkelsten Momenten, im finster‘n Tal, bin ich da. Du bist mein geliebtes Kind. Ich lasse dich nicht allein. Niemals.“ Das ist Gottes Versprechen an uns. Das ist seine Zusage in unserer Taufe.
Die Taufe, der Moment, in dem aus Leitungswasser, Seewasser, Flusswasser oder Badewasser ein Versprechen wird. Der Moment, in dem Gott aus etwas ganz Alltäglichem, Banalen Großes werden lässt. Im vergangenen Jahr haben wir uns in einigen der Ostergottesdiensten daran erinnert. Jedem und jeder wurde mit Wasser ein Kreuz auf die Hand gezeichnet und zugesprochen: „Nimm hin das Zeichen des Kreuzes: Du gehörst zu Jesus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen. Er sagt dir zu: Ich bin bei dir alle Tage, bis an das Ende der Welt.“ Worte, die wir im Lesungstext (Matthäus 28) hörten. Für mich sind Tauferinnerungen immer emotionale Momente, an denen mir nochmal ganz besonders deutlich wird, was mein Gott für mich getan hat, wie sehr Gott mich liebt. Aber gleichzeitig ist mir klar, dass Gott sich in kein Taufbecken, keine Kirche dieser Welt sperren lässt. Deshalb, auch wenn wir heute in diesem Gottesdienst keine gemeinsame Tauferinnerung feiern können, ist uns die Tauferinnerung nicht genommen. Der Gott, der Lilienfeld und Vögel zu Gleichnissen erhob, wie wir vorhin gesungen haben, den wir jeden Tag in seiner Schöpfung wirken sehen können, macht bestimmt auch in dieser Zeit nicht Halt, uns an seine Zusage zu erinnern, gerade in dieser Zeit nicht. Deshalb lassen Sie sich erinnern. Lassen Sie das Duschwasser, dass allmorgendlich über uns fließt, zur Erinnerung werden. Die Wellen, die im Sommerurlaub gegen die Waden schwappen. Das Wasser im Freibad, das an einem vorbeiströmt und die Welt ein bisschen leiser macht. Der Regen, den wir auf unserer Kopfhaut und unseren Armen fühlen, den wir ans Fenster trommeln hören. Lassen Sie sich in Ihrem Alltag erinnern an die Zusage Gottes, der aus dem Kleinsten Großes erwachsen lässt, aus Alltäglichem die größten Versprechen. Gott spricht zu uns: Fürchte dich nicht! Denn siehe ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt. Versprochen ist versprochen. Amen.